Aktuelles (Archiv)
Dieser Artikel befindet sich im Archiv!
Jahreslosung 2024
Alles, was ihr tut, lasst in Liebe geschehen
Text: 1. Kor. 16, 14 – Jahreslosung 2024
Predigt zum Jahresabschlussgottesdienst der Zugabe von Stefan Gehrig
Vor kurzem hat jemand aus meiner Familie eine Hoodie-Decke zum Geburtstag bekommen: Ein großer, langer Hoodie, warm und flauschig. Wie zwei Wolldecken, die aneinander genäht wurden. Unten ist die Öffnung zum Hineinschlüpfen, oben eine Öffnung für den Kopf und eine Kapuze daran. Es ist ideal, um sich hineinzukuscheln und wohlzufühlen… Einfach hineinkuscheln und genießen. Noch lange habe ich an das Gesicht gedacht, das mich aus dieser Hoodie-Decke angestrahlt hat. Da hat sich jemand richtig wohl und geborgen gefühlt.
Szenenwechsel.
An einem Samstagmorgen im Herbst sagt meine Frau den Satz, den ich jedes Jahr hasse:
„Wir müssen heute den Garten winterfest machen…“
„Darauf bin ich heute gar nicht eingestellt, ich muss dringend eine Andacht schreiben – und außerdem hasse ich Gartenarbeit!“
„Worüber geht denn die Andacht?“
„Über die neue Jahreslosung: Alles, was ihr tut, lasst in Liebe geschehen.“
Meine Frau schaut mich an. – Ich schaue sie an. – Sie schaut mich an. – Und ihr zuliebe ist an diesem Samstag Gartentag.
Nun kann ich Gartenarbeit einer anderen Person zuliebe machen, vielleicht manche Aufgaben in der Arbeit oder auch die Steuererklärung. Dafür kann man sich schon einmal überwinden – ob es dann mit mehr oder weniger Liebe getan wird, möchte ich gar nicht beurteilen. Aber alle Dinge, die man tut, in Liebe geschehen lassen? Tatsächlich alles? Das ist eine echte Herausforderung.
Wenn ich ehrlich bin: Ich mag auch nicht alle Dinge, die ich tue, mit Liebe tun. Und es gibt Menschen, denen mag ich nicht mit Liebe begegnen. Dabei bin ich davon überzeugt, dass jede und jeder von uns mindestens eine Situation oder einen Menschen vor Augen haben, dem wir nicht mit Liebe begegnen können oder auch möchten. Das ist vielleicht nicht ideal – aber eben doch Realität!
Deshalb ist es so schön, dass dies im Spruch gar nicht erwartet wird:
Alles, was ihr tut, lasst in Liebe geschehen.
Wir sollen die Dinge nicht mit, sondern in Liebe geschehen lassen. Und wir müssen es nicht tun, sondern geschehen lassen.
Das ist in meinen Augen ein großer Unterschied!
Es geht nicht in erster Linie darum, dass wir machen, tun und lieben. Sondern wir sollen geschehen lassen. An sich steht im Text „Alles was ihr tut, geschehe in Liebe.“ Doch diese kleine „Fehlübersetzung“ bringt wunderschön zum Ausdruck, worum es geht: Liebe geschehen lassen.
Es ist zunächst die Liebe Gottes, die wir an uns geschehen lassen dürfen. „Lasst uns lieben, denn er hat uns zuerst geliebt“ heißt es in der Bibel (1 Joh 4, 19). Die Liebe Gottes zu uns ist die Grundlage. Diese Liebe dürfen wir an uns geschehen lassen. Wir dürfen sie anziehen und wie in einen Hoodie in sie hineinschlüpfen. Wir dürfen uns einkuscheln in die Liebe Gottes.
Ich bin davon überzeugt, dass es unser Leben und unser Tun verändert, wenn wir wissen, wir sind in der Liebe Gottes geborgen. Ich darf hineingekuschelt sein in die Liebe Gottes. Ich darf geliebt sein, darf seine Liebe an mir geschehen lassen. Nicht ich muss Liebe haben und geben, sondern ich darf mir die Liebe schenken lassen. Wir sind von Gott geliebt – das gilt übrigens sowohl für mich als auch den- oder diejenige, der ich begegne.
Welche Situation hattet ihr vor Augen, bei denen es euch schwerfällt, sie mit Liebe zu tun. Ich glaube, ein anderer Blick verändert die Situation: Ich muss alldem nicht mit Liebe begegnen, sondern in Liebe. Und ich muss es nicht mit Liebe tun, sondern darf es in Liebe geschehen lassen.
Dabei fällt mir das Gesicht wieder ein, das mich aus der Hoodie-Decke heraus angestrahlt hat – hineingekuschelt und geborgen. Hineingekuschelt in die Liebe Gottes. Im Hoodie der Liebe Gottes leben zu können, verändert mein Leben.
Alles, was ihr tut, lasst hineingekuschelt in die Hoodie-Decke der Liebe Gottes geschehen. Lasst geschehen. In der Liebe Gottes.
Pfr. Dr. Stefan Gehrig - Leiter des Gottesdienstinstituts in Nürnberg, viele Jahre als KonfiCastle-Pfarrer mit uns unterwegs, kreativ-musikalisch-humorvoller Theologe!